8. Dezember 2022
„Immer weiter und weiter! Fast geschafft!”, höre ich die Stimme meines Freundes durch den Regenwald brüllen. Wir rennen - und zwar buchstäblich um unser Leben. Links und rechts flackert ab und an ein helles Licht auf - Blitze, die auf Bäume einschlagen; strömender Regen; rollende Donnergeräusche. Das letzte Mal gejoggt, bin ich vor über 7 Monaten. Mein Rock hatte sich bereits nach zehn Minuten mit Wasser voll gesogen und war Stein schwer geworden. Meine Brille - ebenso unbrauchbar. Und so trägt mein Freund neben dem Rucksack auf seinem Rücken, der ohnehin schon aussieht, als hätte man ihn in einen Pool geworfen und aufgesetzt, auch noch meinen Rock und die Brille in seinen Händen. Er in Badehose voraus, ich im Bikini hinterher. Schuhe und Gesichter, die unter Wasser stehen. Mein Herzschlag, der mir in den Ohren hängt. Lungen, die brennen wie Feuer. Und meine Beine, die bereits nach drei Kilometern jegliches Gefühl verloren hatten.
An jenem Tag Anfang Dezember hatten wir lediglich eine Wanderung auf Fraser Island von unserem Campingplatz zu Lake McKenzie geplant (8 km hin und 8 zurück). Der Hinweg funktionierte wie vorgestellt. Als wir allerdings zurückgehen wollten, färbte sich der Himmel grau und der Satz „Das zieht ganz sicher vorbei!” verlor an jeglicher Glaubwürdigkeit. Und nein, wir hätten den Wetterbericht nicht eher checken können - im Regenwald sieht’s eher mau aus mit 4G. Die Mischung aus Adrenalin und Todesangst wird mir vermutlich bis an mein Lebensende in Erinnerung bleiben. Ironischerweise - vielleicht klingt das, angesichts dessen, dass mit umfallenden Bäumen und Blitzen nicht zu spaßen ist, ein wenig bizarr - aber zwischen all der Panik versteckte sich letztendlich ein Stück Freiheit. Es hat sich fast gut angefühlt. Als hätte ich mich frei gerannt. Rein gewaschen. Alles war egal - Hauptsache Überleben.
Apropos Überleben: Während mein Freund die Blitze um uns herum im Blick hatte und er dafür sorgte, dass wir von keinem Baum zerquetscht wurden, hatte ich ernsthaft Zeit, neben atheistischen Heuchler Gebeten über mein Leben nachzudenken. Was wiederum für meinen Blog bedeutete: Ich möchte nicht sterben und wissen, dass meine Australien-Artikelreihe irgendwann vor 4 Monaten aufgehört hat, zu existieren. Ich glaube, es gibt kaum etwas weniger befriedigendes, als etwas unvollendet zu lassen - etwas aufzugeben.
Denn ganz ehrlich - das habe ich zwischendurch. Die Tage, an denen ich nicht schrieb, wurden zu Wochen und zu Monaten. Da war keine Zeit, keine Lust oder kein passender Ort. Oder das Vorhandensein jener Punkte wurde überschattet von schlechten Ausreden, bis mir neulich klar wurde: Die Schreibpause tat mir eigentlich ziemlich gut. Weil ich endlich im Moment ankam.
Wie auch immer - der Punkt ist: Ich fasse die letzten Monate in mehreren kleineren Artikeln zusammen - und zwar so, dass man (hoffentlich) nicht von ihrer Turbulenz erschlagen oder gelangweilt wird. Mein Jahr in Australien hätte ohnehin viel besser in einen Roman, als in einen Blog gepasst.
Dem Geld folgen: Von Queensland nach Victoria
Und somit spul’ ich ein paar Seiten, Kapitel und Monate zurück - zurück zum August. Mein Freund (Oli) und ich entschieden uns, dem Geld zu folgen. Der Plan: für ein Auto und die Reisekasse sparen. Und so packten wir unsere sieben Sachen in Ayr (QLD), kündigten unseren Fruit Picking/ Packing Job und stiegen ins nächste Flugzeug nach Melbourne - das Ziel: die Kleinstadt Euroa in Victoria. Und ein neuer Job (oder für mich alter) - mit einem Stundenlohn von 38 Dollar. Es ging zurück auf Schaffarmen, zurück zum Roustabouting (= Shearing Shed Hand = Assistenz für Schafscherer). Das war der Beginn von zwei wirklich, wirklich verrückten Monaten und einer Erfahrung, die mich - ohne melodramatisch klingen zu wollen - für mein Leben geprägt hat.
Willkommen im Outback
Das nächste Irgendwas würde über 100 km entfernt sein. Kein Supermarkt, kein gar nichts. Ich präsentiere: Camp Out Jobs im Outback. Oli wollte mir das anfangs nicht wirklich glauben - bis wir von der Bushaltestelle von einem Schafscherer namens Matt abgeholt wurden und wir auf dem Weg dorthin an einem Supermarkt hielten mit der Warnung, dass das der letzte für die nächsten zwei Wochen sein würde.
Vier Stunden später kamen wir an. Es war bereits dunkel geworden und das ganze Team saß am Lagerfeuer: gut an- oder betrunkene Scherer, eine Köchin und irgendwo verteilt die Roustabouts (Berufsbezeichnung für Shearing Shed Hand, also Assistenz für die Schafscherer). Erschlagen vom australischen Akzent hörten wir zu, ein bisschen Smalltalk über Deutschland - und dann scherte Chucky, ein älterer Scherer, definitiv nicht nüchtern ein Schaf direkt vor unseren Augen, nur weil er zeigen wollte, wie es funktioniert - oder eben wie es nicht funktioniert. Ihn davon abzuhalten, war unmöglich. „Das ist nur Chucky. Er ist ein harmloser, alter Mann, der gern viel redet.” So wurde er uns vorgestellt. Und es stimmte. Ein wirklich netter, korrekter Mensch, der seinem Beruf, den er seit Jahrzehnten ausübt, schon längst entwachsen ist - mit - und das kann ich über jeden Scherer sagen, zumindest in den Camp Out Jobs - einer Liebe zum Alkohol.
Mein Freund und ich lebten uns mehr oder weniger schnell ein. Er schneller als ich. Das Lernen und das Lieben Lernen dieser Arbeit fiel mir von Anfang schwerer als ihm. Gebt mir eine Stunde Zeit und ich schreibe ein sechsseitiges Essay über ein x-beliebiges philosophisches Thema - gebt mir hingegen eine praktische Aufgabe und ich brauche doppelt so lang wie - na ja so ziemlich jeder andere praktisch mehr begabter Mensch - um sie zu beherrschen - Kunst, Chaos und Kreativität ausgenommen. Nach unseren 2 Monaten in den Sheds war Oli gelegentlich Woolpresser (Die sortierte Wolle zu Ballen pressen) oder übernahm das Schafe Eintreiben mit Hilfe eines Hundes. Ich hingegen verbesserte mich als Shed Hand - und fühlte mich in dieser einen Rolle recht wohl.
Mit der Zeit wurden unsere Arbeitskollegen für beide von uns zu mehr als nur Kollegen. Zu Freunden, teilweise zu Mitbewohnern. Alles Einheimische - alles sehr verrückte und liebenswerte, wirklich gute Menschen. Die Arbeit in den Sheds lässt sich anhand der häufig gestellten Frage „Liebst du es noch oder hasst du es schon?” ziemlich gut beantworten. Jeder in dieser Industrie spricht von einer Art Hassliebe. Gute Tage, schlechte Tage und irgendwo dazwischen: eine Sucht. Aber über allem stehen die Menschen. John, der Vater unseres Chefs, der Oli und mir nebenbei gesagt sehr viel über die australische Kultur beigebracht hatte, sagte immer, dass es sich mit den richtigen Leuten gar nicht mehr nach Arbeit anfühlen würde. Von 7.30 Uhr bis 17.30 Uhr im selben Raum sein und die Camp Out Jobs, bei denen man teilweise wochenlang gemeinsam unterwegs ist - man muss zweifellos gut miteinander auskommen.
Wir blieben insgesamt 2 Monate. Von denen hatten wir etwa 4-5 Wochen Camp Out Jobs. In all der Zeit ist zwischen Wolle, Alltag und Beziehung viel mehr passiert, als ich hier ausschmücken kann. Aber das heißt nicht, dass ich es nicht versuchen werde:
Die Camp Out Jobs - Ein Zimmer für vier
Unser erster Camp Out Job bot nicht so wie üblich Einzel- oder Zweibettzimmer - nop - mein Freund und ich teilten uns mit einem 34-jährigen und 19-jährigen Schafscherer ein Zimmer in einem Haus auf einer Farm im nirgendwo. Wir schliefen in getrennten Betten und hatten wirklich kaum Privatsphäre. Das war eine der Erfahrungen, die mir erspart bleiben hätte können - aber am Ende war auch das nur halb so schlimm. Wir lernten die Freizeitbeschäftigungen im Outback kennen: (Angeln), Kängurus oder Wildschweine Jagen, Trinken, Kiffen - und noch mehr Trinken.
Über die erste und wahrscheinlich letzte Jagd meines Lebens
Der Vater unseres Chefs zeigte uns das Outback und ging mit uns Jagen - und zwar Kängurus. Ich hielt schon vorher nicht viel davon, aber trotzdem genug, um diese Erfahrung mitnehmen zu wollen. Ich hielt einmal das Gewehr in den Händen und richtete es zu Übungszwecken auf eine Metalltonne - ließ es allerdings bald schon wieder runter, weil ich mich nicht getraut hatte, abzudrücken. a) Ich hab ein Problem mit Waffen generell. Und b) Dieses Ding war schlichtweg zu viel für meine nicht vorhandenen Muskeln und schwerer als es aussah.
Spätestens als das erste Känguru zu Boden fiel, während ich mich im Auto versteckte und nur aus näherer Ferne zusah, war mir schnell klar: Das ist nichts für mich. Als ob ein totes Känguru nicht genügen würde, guckte ein Kängurubaby aus dem Bauch des Tieres heraus. Nicht lange und John holte einen Schraubenschlüssel aus seinem Auto und schlug auch das zu Tode. „Ohne Mutter würde es ohnehin sterben.”, sagte er daraufhin.
Damit war die Jagd noch lange nicht (wie ich gehofft hatte) vorbei. Oli hatte schon vorher auf jene Metalltonne geschossen und wollte sich auch die australische Ich-töte-Kängurus-Erfahrung nicht entgehen lassen und probierte es so lange aus, bis er eins getroffen hatte. Jip, mein Freund hat ein Känguru erschossen.
Ich bin diesen Moment immer und immer wieder in meinem Kopf durchgegangen und hab versucht, diese Form von Hobby und Erfahrung zu rechtfertigen. Aber ich endete ausweglos bei Bahnhof. Noch heute blickt er stolz auf diesen Moment zurück - das Babykänguru ausgenommen - hätte ihn emotional nichts davon angehoben. Und das obwohl Oli einer der tierliebsten Menschen ist, die ich kenne: Er hält jedes Mal das Auto an, wenn eine Schildkröte oder ein Frosch die Straße überqueren und hilft den Lebewesen sicher auf die andere Seite. Mein Freund hupt sogar jeden Vogel, der sich in die Fahrbahn verirrt hat, an und versucht alles menschenmögliche zur Rettung der Piepmatze. Während er als leidenschaftlicher Angler das alles mit Fleisch- und Fischkonsum gleichsetzt, ist diese Herangehensweise für mich nur schwer möglich. Tier ist Tier, könnte man meinen. Aber genauso wie eine Kuh kein Zootier für mich ist, ist ein Känguru kein Stück Fleisch, das ich essen wollen würde. Zumal es bei diesem Ausflug nur um das Töten - nicht um das Verwerten von Kängurufleisch ging. Kängurus bedienen sich gern mal am Futter und Wasser der Schafe und das in rauen Mengen. Sie stellen damit für die Farmer eine Plage dar. Und nebenbei auch für Autos. Kurzer Zeitsprung zwischendurch am Rande: Direkt am zweiten Tag als Autobesitzer erwischte Oli ein Känguru auf dem Heimweg. Die erste Delle im neuen Auto - willkommen in Australien.
Bis heute kann ich den Mord an jenem Känguru wertetechnisch nicht unterstützen - und trotzdem ändert das nicht daran, wie sehr ich diesen Menschen liebe. Verrückt, mit welchen Beziehungsaspekten man sich durch Australien auseinander setzen muss.
Inzwischen verbringen wir seit über einem halben Jahr so ziemlich jeden Tag und jede Nacht miteinander - und das ziemlich ohne Probleme. Ich bin glücklicher als je zuvor - vielleicht zum ersten Mal in meinem Leben wirklich glücklich. Jede Krise, jedes Tief, jede Schwierigkeit, deren gemeinsame Lösungssuche uns das Reisen abverlangt, schweißt uns mehr und mehr zusammen. Wir kennen inzwischen vermutlich alles voneinander - jede Macke, jeden Fehler, jede Facette unserer Persönlichkeiten. Und wir funktionien immer noch verdammt gut. Von der Fernbeziehung ins extreme 24/7 Aufeinanderhängen: Diese Liebe wächst wie Unkraut. Ich glaube, nach dem Jahr Australien wären wir bereit fürs Heiraten. (Das war definitiv keine Ankündigung.) Erst mal bereit für einen Golden Retriever.
Das Outback war grün! Australien erlebt gerade die höchste Niederschlagsrate seitdem es Wetteraufzeichnungen gibt - das machte sich sogar dort bemerkbar.
„Holen wir uns einen Hund?”
Die Worte Schafe scheren und Hunde sind unzertrennlich. Zum Eintreiben der Tiere werden trainierte Kelpies benutzt. Teilweise rannten 6 Hunde frei umher. Man kann irgendwann nicht mehr anders, als sich in die Loyalität, Intelligenz und Niedlichkeit zu verlieben und sich selbst einen zu wünschen. Und so dachten mein Freund und ich wochenlang über die Anschaffung eines Hundes nach. P.S.: Aufgrund der Reiseeinschränkungen bezüglich unseres Zwischenstopps Bali sind wir froh, es noch nicht oder zumindest nicht in Australien gemacht zu haben.
Hier ein paar meiner Lieblingshundeschnapschüsse:
Eine klassische Schlafkabine im Outback und die von einer Kollegin ausgeliehene Hündin Lazy als mein One-night-dog.
Das ist Link - eine Hündin von unserem damaligen Chef. Link hat immer bei uns im Bett geschlafen, wenn mein Freund ihn am nächsten Tag auf der Arbeit gebraucht hat.
Der größte Hund, der mir jemals gegenüber stand.
Ich habe ein Schaf geschoren!
Nach etwa dreißig Mal gefragt werden und ein bisschen Überredung beim 31. Mal habe ich mich dann doch noch an den Rasierer gewagt. Ich hatte a) sehr viel Respekt davor, ein Schaf zu halten und b) wollte ich es nicht verletzen. Obwohl die Scherer um Welten besser waren als bei meinem vorherigen Arbeitgeber - ganz ohne Gewalt hier und da geht dieser Beruf einfach nicht. Ich habe immer noch ab und an meinen Blick abwenden müssen - aber gleichzeitig verstand ich mehr und mehr, dass Schafe definitiv zu den dümmsten Tieren der Welt gehören. Mit einer Schafschererin und Freundin bin ich in einem Gespräch zu dem Entschluss gekommen, dass es sehr oft einfach nur Notwehr ist: Wenn man von einem Schaf fünfzehn Mal getreten wird, obwohl man gerade nur versucht, es von seiner Wolle zu befreien und seinen Job zu machen - ich finde, es ist verständlich, da Mal die Fassung zu verlieren.
Wenn man den Schafscherern bei ihrer Arbeit zusieht und sie teilweise ein Schaf in 2 Minuten vollständig scheren, hinterlässt das von Außen einen Eindruck von Leichtigkeit. Es wirkt nahezu einfach. Aber eigentlich ist das vermutlich einer der körperlich anstregendsten Berufe auf der ganzen Welt. Der Rasierer hat eine solche Kraft, dass die Leute insbesondere zu ihrer Anfangszeit Probleme haben, überhaupt noch ihr Besteck beim Essen halten zu können. Aufgrund der starken Vibration zittern die Hände zu Beginn auch noch Stunden nach dem Scheren. Nach einer gewissen Zeit gewöhnt der Körper sich daran und das Zittern verschwindet. Aber die anderen gesundheitlichen Schäden in Rücken und Knochen bleiben ein Leben lang. Ein Job, der Respekt verdient und der den oft hohen Lohn von bis zu umgerechnet 650 Euro täglich (je nach Schnelligkeit) gerecht wird.
Ein Tag - viele erste Male
An einem Wochenende gingen wir mit unserem Mitbewohner-Paar an einen magischen Geldschlucker Ort namens Fun Planet (Spielhalle), wo ich das erste Mal in meinem Leben GoKart fuhr. Danach ging es erneut an einen magischen Geldschlucker Ort, der diesmal “Club Rawhide” hieß und ein Stripclub war. Der erste Stripclubbesuch in meinem Leben. Und der erste Private Dance in meinem Leben. Meine Mitbewohnerin und ich teilten uns die Kosten und so bezahlte jeder 50 Dollar für etwa 20 Minuten inklusive anfassen for free. Im Gegensatz dazu bezahlte ihr Freund 100 Dollar und bekam für sein Geld eine 5-Minuten-Show ohne Anfassen. Fair, würde ich sagen. Mein Freund überließ mir jene Erfahrung und Geldausgabe - und ging leer aus. Als wäre jener Abend nicht schon denkwürdig genug, zog ich zurück zu Hause zum ersten Mal in meinem Leben an einer Bong. Ein weiterer Tag, den ich wahrscheinlich nie vergessen werde.
Das Haus (oder die Hütte) in Euroa, das nebenbei auf dem Grundstück einer Schaffarm lag.
Die Ironie meines Lebens: Ich besitze die Hälfte eines Autos - und habe keinen Führerschein
Das Leben als Backpacker ohne Auto, wenn man nicht gerade nur in den Städten bleibt und auf Partys gehen möchte, ist in zwei Worten sehr einschränkend. Jedes Mal sagten uns unsere Arbeitgeber, dass das kein Problem sei - und jedes Mal wurde es dann doch zu einem. In Queensland wohnten wir in Shared Häusern und durften teilweise 40 Minuten zum Supermarkt laufen. Und einige unserer Arbeitskollegen verlangten fürs Mitnehmen ernsthaft eine Gebühr von 10 Dollar PRO PERSON. In Victoria war es ähnlich, abgesehen davon, dass wir mietfrei wohnten und stets kostenfrei zur Arbeit mitgenommen wurden. Wir wohnten in einem Haus, das eine Stunde zu Fuß von Euroa und einem Supermarkt entfernt war. Wir waren konstant abhängig von Arbeitskollegen - einfach unschön. Umso mehr freuten wir uns als unser Kontostand endlich „Autokauf" schrie.
Auch hier stießen wir auf Probleme - wir wussten nichts über Autos und selbst, wenn wir eins fänden: Wie würden wir nach Melbourne kommen? Glücklicherweise liehen uns Arbeitskollegen ihr Zweitauto und unsere Mitbewohnerin unterstützte uns bei den Details. Nach Stunden auf Facebook Marketplace fanden wir unseren bis heute 1a rollenden Mazda Tribute V6 - unser geliebter „Spritti". Das war der Beginn einer um Welten besseren und bequemeren Zeit - mit viel mehr Freiheit.
„Du hast mich neulich nach der australischsten Sache, die man tun kann gefragt…Das ist sie!”
Das Grand Finale im australischen Football ist eine riesige Sache: Der Freitag davor ist sogar ein öffentlicher Feiertag. Wir waren zu Arbeitskollegen eingeladen. Ein Sofa in einer Garage und ein randvoll mit Alkohol befüllter Kühlschrank. So tröpfelte das Footballspiel vor sich hin und wir spielten Bierpong. Irgendwann holte das Paar, das uns eingeladen hatte - das nebenbei zwei Kleinkinder hat, die an dem Wochenende bei ihren Großeltern waren - ein Tütchen weiße Krümel heraus und lud uns zu einer Runde Speed ein. „Wieso nicht”, dachte ich mir und zog mir das Zeug noch vor meinem Freund durch die Nase. Gemerkt haben wir übrigens rein gar nichts.
Vor Australien stand ich Drogen sehr kritisch gegenüber - ich hatte vielleicht ein Mal gekifft und hielt nicht viel davon. Erst durch meine Zeit als Shed Hand unter Australiern habe ich eine Sympathie Cannabis gegenüber entwickelt und sehe das ganze Thema um einiges entspannter als vorher. Unsere Mitbewohner gaben uns hier und da mal ein kleines, grünes Geschenk - und ganz ehrlich: Wir sind insbesondere zu unserer autolosen Zeit sehr dankbar für die Beschäftigung gewesen und schufen aus Langeweile wirklich witzige Erinnerungen.
Kiffen schien in der Shearing Industrie das normalste der Welt zu sein. „Movieclub” nannten wir es. Ich habe mehr als ein Mal neben meinem Chef geraucht oder ziemlich gut angetrunken ein tiefsinniges Gespräch über seinen Werdegang zum Shearing Contractor geführt. Zu Zeiten der Outback Jobs standen drei Bongs nebeneinander einfach so in der Küche herum. Es hat schlichtweg niemanden interessiert. Im Nachhinein war wirklich alles ziemlich - in einem Wort: verrückt - aber ich bin mehr als froh, diesen Einblick in diese quasi andere Welt und in jenes echte, australische Landleben erfahren haben zu dürfen. Und mein Freund und ich wissen jetzt schon - wir kommen zurück.
Lambi - das Haustier
Kurzer, abschließender Themensprung: Auf der letzten Farm, auf der ich gearbeitet hatte, gab es ein Lamm namens Lambi. Als Haustier. Es lief sogar während des Scherens frei herum und ließ sich streicheln. Lambi war das mit Abstand witzigste und niedlichste Wesen, das mir jemals begegnet ist. Ich hätte gern mehr Zeit mit dem Lamm gehabt, allerdings regnete es wochenlang teilweise jeden Tag durch, es kam zu Hochwasser - nasse Schafe kann man nicht scheren - und so beschlossen mein Freund und ich eines Abends ein paar Tage eher als geplant, Euroa zu verlassen und mit dem Reisen anzufangen.
Die Farmtage für das 2nd year Visum waren erledigt und da lagen 12 Tausend Dollar auf unseren Konten, bereit für Sprit&Spaß ausgegeben zu werden...
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